Statement

vom 30.10.2020

Am 28.10.2020 beschlossen Bund und Länder weitreichende Einschränkungen, um eine weitere Verbreitung des SARS-CoV-2 Virus zu verhindern. Zwar ist nach heutigem Stand (30.10.2020) unklar, welche Auswirkungen die Entscheidungen auf den Hochschulalltag haben, allerdings spüren wir als Musikhochschule natürlicherweise eine große Nähe zum Kulturbetrieb, welcher nun erneut zum Stillstand gebracht werden soll. Aus epidemiologischer Sicht zwar notwendig, erwischt uns dieser in der gesamten Kulturbranche als (zukünftige) Berufskünstler*innen doch ein weiteres Mal kalt. Das hat uns als AStA der Hochschule für Musik Detmold zu diesem Statement veranlasst.
Wir Musikstudierende leben Kultur nicht nur im Hochschulalltag, wo der sichere Rahmen, in dem wir uns ausprobieren dürfen und sollen, durch die bisherigen Maßnahmen spürbar eingeschränkt wird. 
Wir leben Kultur auch schon während des Studiums in der professionellen Kulturbranche. Zum einen ermöglicht uns das eine Finanzierung unseres Studiums, zum anderen findet der Berufseinstieg in den Kulturbereich traditionell parallel zur Ausbildung statt. Das ist ein kritischer Mechanismus, da vielen von uns eine Zukunft in Freiberuflichkeit und Solo-Selbstständigkeit bevorsteht, deren Erfolg absolut von vorab geknüpften Netzwerken und gesammelten Erfahrungen abhängig ist. 
Anders als in Berufen mit physischem Kontakt sind es nicht wir Künstler*innen selbst, die die öffentliche Gesundheit gefährden, sondern das in unserer Gesellschaft fest verankerte Prinzip, Kultur zu konsumieren: als gemeinschaftliche Kunsterfahrung, als Möglichkeit des sozialen Austauschs und als Ort des gesellschaftlichen Dialogs. Wir Künstler*innen schaffen diese demokratisch wichtigen Räume seit Jahrhunderten und sind damit systemrelevant. 
Mit einem erneuten Berufsverbot wird nun jedoch eben diese Branche erheblich verunsichert.  In Krisenzeiten investiert ein verunsicherter Industriezweig nicht in die Zukunft, sondern versucht so gut es geht, den Status Quo zu erhalten. Das ist auch die Stimmung, die wir als Zukunft der Deutschen Kunst und Kultur aktuell zu spüren bekommen. 
Uns fallen nicht nur Einnahmen aus, mit denen wir unser Studium finanzieren können, sondern auch kritische Möglichkeiten, uns zu behaupten und als kulturschaffende Personen zu etablieren. 
Wir fordern deshalb Ministerpräsident Armin Laschet und Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, auf die Sorgen der betroffenen Kunstschaffenden der Kulturbranche zu hören, sie wirklich ernst zu nehmen und ihnen Sicherheit zu geben. Veranstalter*innen und Künstler*innen haben mit gut geplanten Hygienekonzepten im Sommer bewiesen, dass sie die Situation ernst nehmen und an der gesellschaftlichen Lösung des Problems mitarbeiten wollen. Das setzt jedoch ein tiefes Vertrauen in die Exekutive voraus, welches am vergangenen Mittwoch erschüttert wurde. Die Kulturbranche braucht jetzt konkrete Maßnahmen – es muss die finanzielle Sicherheit der Kulturschaffenden während der Krise gewährleistet werden und es muss vorausschauend ein Wiederaufbau und die Weiterentwicklung der Kultur in Deutschland in und nach der Corona-Krise geplant und sichergestellt werden. 
Nur so können wir unsere Kulturlandschaft nicht nur über die nächsten Monate, sondern die nächsten Jahre erhalten!